Neuentwicklungen, «bis die Tasche am richtigen Ort sitzt»

Ob einst Veston, Mütze, Staubmantel, «adrettes Dienstkleid für die Zustellerin in der Stadt», Arbeitsschürze oder unauffälliges Schuhwerk: Die Post bietet über ihre Geschichte als Unternehmen den Mitarbeitenden passende Arbeitskleider auch in Eigenentwicklung an. Heute sind es atmungsaktive, wind- und regendichte Stoffe für ein angenehmes Körperklima.

Fährt Postmitarbeiterin Secil Helg mit ihrem Fahrzeug am frühen Morgen zur Arbeit und begegnet sie im Berufsverkehr einem Mitarbeitenden in Arbeitskleidern der Post, interessiert sie sich weder für sein gelbes Fahrzeug noch ordnet sie ihn in ihrem umfangreichen Bekannten- oder Namengedächtnis. Vielmehr schaut sie unverhohlen auf seine Schuhe, seine Regenjacke, auf seinen dicken Pullover oder im Sommer auf das leichte T-Shirt oder die Schirmmütze. Das kann für das Gegenüber etwas verunsichernd wirken. Beispielsweise, wenn er oder sie ein Paket oder den eingeschriebenen Brief an der Haustüre abgeben will – dies ist in keiner Weise böse gemeint, sondern allenfalls «déformation professionelle», wie die langjährige Spezialistin für nachhaltige Beschaffung bei der Post lachend erklärt. Arbeitskleider und das Wohlbefinden ihrer Trägerinnen und Träger sind ihre Leidenschaft. Sie analysiert, sucht, beschafft und überwacht seit 1999 für die Post die über 90 Modelle, welche rund 33’000 Angestellte je nach Abteilung und Arbeit tragen.

Schutz und Sicherheit

Ob es im Sommer brütend heiss oder im Winter bitter kalt ist: Die angebotenen Arbeitskleider sollen den Zustellenden je nach individuellem Bedürfnis und Wettersituation möglichst viele Kombinationen ermöglichen. «So können sie gut geschützt und in einem angenehmen Körperklima ihre Arbeit erledigen», resumiert Secil Helg. Und: «Die Arbeitskleider zeigen nicht nur auf einen Blick, dass es sich hier um Pöstler handelt, sondern sie sind ein entscheidendes Sicherheitselement im Alltag», unterstreicht Secil Helg. Beispielsweise leuchtend gelbe Gilets bei der Fahrt in der Dämmerung mit den Dreiradfahrzeugen in der Zustellung, Spikes an den Schuhen bei Eis und Schnee. Arbeitshandschuhe, Schutzbrillen, Gehörschutz, Helme und Schuhe mit Stahlkappen beispielsweise in den Paket- und Sortierzentren. Gut 220’000 Kleidungsstücke pro Jahr gehen so zu den Mitarbeitenden, darunter auch Krawatten, Vestons, Jupes und Hosen, Blazer, Strickjacken, Langschale und Blusen für den direkten Kundenkontakt im Postauto, am Postschalter oder bei PostFinance.

Eigenentwicklung und aufwändige Tests

Dienten in früheren Postzeiten die «Uniformen» auch der Autorität und Hierarchie gegen Innen und Aussen so ist die Auswahl der Arbeitskleider heute nur mehr der Qualität, Nachhaltigkeit und dem Alltagsnutzen verpflichtet. Dabei kauft die Post die Kleider nicht von der Stange, sondern lässt sie in aufwändigen Verfahren für die speziellen Bedürfnisse und Anforderungen im Arbeitsalltag der Pöstler entwickeln, testen und produzieren. «Bereits vorhandene Schnittmuster und Modelle werden zu neuen Prototypen adaptiert.  Entsprechend werden Taschen in Vestons, Softshelljacken oder Gilets verkleinert oder vergrössert und an die für den Pöstler praktischen Stelle versetzt», beschreibt Secil Helg mögliche Massnahmen.
Gegen jeweils 30 bis 100 Testpersonen tragen in der Folge die geplanten Produkte ausgiebig bei der Arbeit und melden für allfällige Korrekturen ihre Erfahrungen zurück. So erinnert sich Helg schmunzelnd an eine gelbe Windjacke, welche aufgrund ihrer Farbe Bienen anlockte und zu einer Häufung von Bienenstichen führte. Der grosse Gelb-Anteil wurde als Konsequenz durch den Grauton ersetzt – bekanntlich werden graue Mäuse weniger von Bienen besucht als gelb strahlende Sonnenblumen. Ist das Produkt schliesslich serienreif, geht es zur EMPA-Prüfung und Zertifizierung, bevor es dann in einem der acht Produktionsstaaten innerhalb der EU nach sozialethischen und nachhaltigen Kriterien in grösserer Auflage für die Post produziert wird (siehe Kasten).
Und auch nach der Produktion setzt die Post weiter auf das Feedback der Mitarbeitenden für Verbesserungen: «Wir haben punkto Ausrüstung den Geschmack und die Bedürfnisse im Arbeitsalltag der Pöstler gesucht und offensichtlich gut getroffen», blickt Secil Helg auf ihr Wirken in den vergangenen über 20 Jahren zurück. Dies unterstreichen die nur gerade 140 Reklamationen auf 220’000 ausgelieferte Kleidergegenstände im letzten Jahr.

Faire Produktion und «zweites Leben»

Die Post engagiert sich für fair produzierte Arbeitskleider. Als erstes Schweizer Grossunternehmen trat die Post bereits vor acht Jahren der «Fair Wear Foundation (FWF) bei. Damit verpflichtet sich die Post zu einer strengen Kontrolle und nachhaltigen Implementierung von Sozialstandarts und sozialverantwortliche Arbeitsbedingungen bei den Produktionsstandorten. Die über 90 Modelle der Arbeitskleider der Post werden heute ausschliesslich in der EU in acht Ländern produziert. Seit 2014 ist die Post von der FWF zum sechsten Mal in Folge als Leader ausgezeichnet worden (Link: «Fairer Lohn für Näherinnen»).

 

Im Rahmen des Projektes «Ein zweites Leben für Postkleider» arbeitet die Post mit dem Schweizerischen Roten Kreuz (SRK) zusammen. Das SRK erhält im Umfang von rund 15 Tonnen pro Jahr die gebrauchten Arbeitskleider der Post. (Link «Zweites Leben»).

 

«Es ist bei warmer Witterung gestattet, den Dienst in Hose und Uniformhemd zu besorgen; die Hose ist, sofern nicht besondere Gründe dagegensprechen, ohne Hosenträger zu tragen» (Broschüre PTT-Dienstkleidervorschrift 1968).

«Es ist bei warmer Witterung gestattet, den Dienst in Hose und Uniformhemd zu besorgen; die Hose ist, sofern nicht besondere Gründe dagegensprechen, ohne Hosenträger zu tragen» (Broschüre PTT-Dienstkleidervorschrift 1968).