Weniger Licht und mehr Schatten bei der Post

Nur dann volle Leistung, wenn es tatsächlich nötig ist: Die Post setzt bei der Arealbeleuchtung in acht Logistikzentren auf ein neues Konzept: intelligentes Licht. Wird es nicht benötigt, dimmt es wieder herunter. Die Post spart damit Energie, langfristig Kosten und mindert die eigene Lichtverschmutzung. Das freut auch Vögel und Insekten.

Vogelperspektive. Nacht. Grosser Industriebau. Ein Auto auf dem Areal. Licht geht an, entlang der Fahrtrichtung des Autos wird es hell. Aber bald geht das Licht wieder aus. Fahrt in die andere Richtung, aber gleiche Szene: Licht an, Licht aus. Schatten statt Dauerbeleuchtung.

Wer das Video zum ersten Mal sieht, reibt sich verwundert die Augen. Auch Christian Mösch ist begeistert. «Tolle Sache», sagt der Leiter des Briefzentrums Härkingen, denn was im Zeitraffer-Filmchen am Beispiel seines Zentrums inszeniert scheint, funktioniert in der Praxis bestens. Seit 2020 ist das gesamte Aussenareal des Briefzentrums mit einem intelligenten Beleuchtungssystem ausgestattet. Das Prinzip: reaktives Licht neu kombiniert. Die Technik: Wärmebildkameras und neuste LED-Leuchten mit asymmetrischen Abstrahlwinkeln. Der Effekt: Das Licht folgt Menschen oder Fahrzeugen – zonenweise, dynamisch – und erbringt nur dann volle Leistung, wenn es tatsächlich gebraucht wird.

Langfristig rechnet sich das Ganze

Fach- und Nachhaltigkeitsspezialist Beat Hänni: Er hat die Umrüstung der Logistikzentren der Post begleitet.

Fach- und Nachhaltigkeitsspezialist Beat Hänni: Er hat die Umrüstung der Logistikzentren der Post begleitet.

Die Kombination ist eine Neuheit in der Beleuchtungsbranche. «Und sie bewährt sich in der Praxis», sagt Beat Hänni. Der Fach- und Nachhaltigkeitsspezialist bei Post Immobilien hat das Projekt Arealbeleuchtung in den letzten beiden Jahren begleitet. Inzwischen sind die Briefzentren Zürich-Mülligen, Härkingen und seit März auch Eclépens mit den smarten Leuchten und speziellen Kameras bestückt. Dasselbe gilt für die grossen Paketzentren in Härkingen, Frauenfeld und Daillens. Und in den neu eröffneten regionalen Paketzentren in Untervaz und Vétroz ist die intelligente Beleuchtung gleich schon eingebaut. Zwar ist das neue System teuer, doch langfristig rechnet sich die Anschaffung: weniger Wartungskosten, weniger Stromverbrauch und damit weniger Ausgaben für die Energie. Die Post hat hohe Ansprüche an ihre eigene Nachhaltigkeit  und ehrgeizige Ziele . «Hier setzen wir sie um», sagt Hänni.

Dank der intelligenten Steuerung fällt die Lichtemission in der Umgebung der Zentren deutlich geringer aus. Das stiftet mehr Nutzen, als man gemeinhin denkt – denn Lichtverschmutzung ist in der dicht besiedelten Schweiz ein Problem. Die exzessive Beleuchtung hellt den Nachthimmel künstlich auf, beeinflusst den Schlaf von Menschen negativ, stresst die Wachstumszyklen von Pflanzen und bringt die Lebensrhythmen von nachtaktiven Tieren durcheinander. Eine einzige Strassenlampe zieht Insekten aus einem Umkreis von bis zu 700 Metern an. Sie verbrennen in den Lichtquellen oder sterben an Übermüdung. Licht, das an den allermeisten Orten die ganze Nacht brennt. Dauerbeleuchtung statt Schatten.

Ein winziger Schritt – aber es ist einer

Das war bei den Logistikzentren der Post bis vor Kurzem nicht anders. Sie sind unverzichtbare Dreh- und Angelpunkte der Schweizer Wirtschaft. Der Betrieb steht fast nie still, nachts wird emsig gearbeitet. Ohne künstliches Licht geht das nicht. Und doch gibt es auf den Arealen viele Flächen, die bis zu einer halben Stunde unbefahren sind oder gänzlich menschenleer bleiben. «Hier setzen wir mit der intelligenten Beleuchtung an», sagt Beat Hänni. Neue Paketzentren der Post werden künftig standardmässig mit dem neuen System ausgerüstet. Natürlich ist es nur ein winziger Schritt auf dem Weg zu einer dunkleren Schweiz. «Aber es ist einer», ist Hänni überzeugt. Auch aus der Vogelperspektive gesehen.

Info: Am 16. Mai findet der Tag des Lichts statt. Am internationalen UNESCO-Gedenktag steht die positive Rolle des Lichts in allen Lebensbereichen im Fokus. Doch Licht hat auch Schattenseiten. Auf die globale Lichtverschmutzung macht die «International Dark-Sky Association» (IDA) aufmerksam. Sie hat auch einen Ableger in der Schweiz.

 

Jährlich 1,16 Millionen Kilowattstunden weniger

  • Früher bestand die «Hofbeleuchtung» der Post-Logistikzentren aus Halogen- und Metalldampfleuchten mit Zeitschaltuhren. Sie sind oft an Strassen oder auf Sportplätzen im Einsatz.
  • Mit der Umrüstung auf rund 270 000 Quadratmetern Fläche verbraucht die Post 1,16 Millionen Kilowattstunden weniger. Das ist etwa so viel Strom, wie 260 Familienhaushalte in der Schweiz pro Jahr im Durchschnitt verbrauchen. Auch mindert die Post damit ihren CO2-Ausstoss um gut 174 Tonnen.
  • Die Lebenszeit des neuen Beleuchtungssystems ist auf 25 Jahre ausgelegt – und so durchschnittlich 20 Jahre länger als das vorherige.
  • Für Technik-Freaks: Die Leuchten haben deshalb einen asymmetrischen Abstrahlwinkel, weil sie so viel grössere Bereiche abdecken und damit genau auf das Areal ausgerichtet werden können. Wärmebildkameras wiederum haben eine weitaus grössere Reichweite als Präsenzmelder, die sonst meist für reaktive Lichtsysteme verwendet werden. Mehr Details gibts in diesem Fachartikel.
  • Die Licht-Spezialistin Luminum GmbH aus Messen, Solothurn, und die Thol Concept GmbH aus Villarsel-le-Gibloux, Fribourg, haben die Post bei der Umsetzung technisch unterstützt.
  • Für das neue Beleuchtungssystem wurden die Post und Luminum mit dem Branchenpreis Luxi  in der Kategorie Innovation ausgezeichnet. Die Begründung der Jury: «Das Zusammenspiel komplexer Technologien adressiert gleich mehrere Zukunftsthemen – Nachhaltigkeit, vernetzte Steuerung und intelligente Aussenbeleuchtung, die zur Reduzierung der Lichtverschmutzung beiträgt.»