Wie Oberbalm vor 15 Jahren Postgeschichte schrieb

Sie sind möglichst einfach erreichbar, verfügen über vorteilhafte Öffnungszeiten und erlauben es, Einkauf und Postgeschäft in einem Schritt im selben Geschäft zu erledigen: die Filialen der Post bei Partnern. Ob im Blumenladen, im örtlichen Reisezentrum, im Volg, oder in der Bäckerei – die Post in einem Partnerlokal hat sich an über 1200 Standorten bewährt. Die Partnerschaft ist eine Antwort auf die veränderten Lebens-und Einkaufgewohnheiten, insbesondere auch auf dem Land. In der ältesten Partnerlösung der Post in Oberbalm bei Bern möchte der Gemeindepräsident das Rad der Zeit nicht um 15 Jahre zurückdrehen.

Im Bauerndorf Oberbalm im hügeligen Hinterland und grünen Naherholungsgebiet der Stadt Bern auf gut 780 Meter über Meer scheint die Zeit etwas weniger hektisch abzulaufen als in der nahen Stadt. Die ersten Kirschblüten wagen sich trotz kalter Bise aus ihrer Ummantelung, Kühe und Rinder erfreuen sich im Morgenlicht am saftigen Weidegras. In der Ferne kräht ein Hahn. Schulhaus, Gemeindeverwaltung und die Kirche bilden mit einigen Bauernhäusern das Zentrum, abgegrenzt vom «Bären» mit seiner baumbeschatteten Terrasse. Ruhig ist es hier, gelassen bis still. Alles hat seinen gewohnten Platz, seinen täglichen Ablauf und den entsprechenden Sinn. So ist es nicht erstaunlich, dass am eigentlichen Treffpunkt des Dorfes, im gut besuchten Volg-Laden, nebst dem grünen Firmenschild auch das gelbe Postschild mit Logo an der Fassade prangt.

Erste Versuche in Oberbalm

Die frühere landwirtschaftliche Genossenschaft, beziehungsweise inzwischen der Volg-Dorfladen und die Post Oberbalm sind heute unter einem gemeinsamen Dach Angelpunkt des dörflichen Soziallebens. Das war nicht immer so, im Gegenteil: Früher getrennt in zwei separate Geschäfte, kämpften beide um die Gunst der Kundinnen und Kunden. Angesichts der veränderten Arbeits-, Einkaufs- und Freizeitgewohnheiten der Dorfbevölkerung waren ihre Zukunftsaussichten im Alleingang aber ungewiss. «Was im Dorf alleine auf sich gestellt nicht bestehen kann, findet einen Weg, eine Lösung in der Gemeinschaft», lautete die Devise daher vor mehr als 15 Jahren. Post und landwirtschaftliche Genossenschaft entschieden im Gespräch mit der Gemeinde, beide Dienstleistungen unter gleichem Dach in einer Partnerlösung anzubieten.

Die Gemeinde Oberbalm als Pilotversuch war hier schweizweit Pionierin, erinnert sich der heutige Gemeindepräsident Rudolf Kernen an die Frühjahrs-Gemeindeversammlung 2005. Im Vorfeld konnte sich die Bevölkerung ein Bild von der künftigen Integration der Poststelle machen. In einem Kleintransporter war die geplante Posttheke ausgestellt. Über 40 Interessierte besuchten das Modell und liessen sich von einem Post Team über das neue Angebot informieren. «Oberbalm stand der ersten Ladenpartnerschaft der Post mehrheitlich offen und unvoreingenommen gegenüber. Mit der frühzeitigen Information gab es zu Beginn angeregte Diskussionen. Aber auch Verständnis für die neue Lösung. Dass der Volg-Laden und die Post damit dem Dorf in einer integrierten Partnerschaft erhalten bleiben, war sicher der entscheidende Faktor für die Akzeptanz der neuen Lösung ».

Dorfladen und Post ergänzen sich

Auch Marcel Bollhalder, Spezialist Netzentwicklung Region Bern-Oberwallis bei der Post, blickt gerne auf die 15jährige Pioniergeschichte in Oberbalm zurück. «Die Erfahrungen der ältesten Filialpartnerschaft der Post in Oberbalm sind typisch für den seit 2001 gestarteten Umbau und die Modernisierung des Postnetzes in der Schweiz: Zunächst gibt es oft viele kritische Stimmen, die sich mit einer Umstellung eher schwertun». Werde die neue Form der postalischen Grundversorgung aber dann übers Jahr genutzt, so Bollhalder, «erkennen die meisten, dass die Post problemlos in einem gut geführten Dorfladen funktioniert». Die Vorteile für Bevölkerung, Kundschaft, Partner und Post sind offensichtlich: Dorfladen und Post ergänzen und stützen sich im Geschäft auch punkto Kundenfrequenzen. Die Dienstleister bleiben im Dorf. Und die vom Bund geforderte flächendeckende Postversorgung ist zu deutlich tieferen Kosten gewährleistet.

Poststelle und Volg-Dorfladen in der Gemeinde Oberbalm sind seit 15 Jahren soziale Begegnungsstätte unter einem Dach. Öffnungszeiten auch am Samstag bis 17 Uhr und am Sonntag bis am Mittag erleichtern in der ländlichen Gemeinde den Einkauf und Postalltag.

Poststelle und Volg-Dorfladen in der Gemeinde Oberbalm sind seit 15 Jahren soziale Begegnungsstätte unter einem Dach. Öffnungszeiten auch am Samstag bis 17 Uhr und am Sonntag bis am Mittag erleichtern in der ländlichen Gemeinde den Einkauf und Postalltag.

«Viele kennen es nicht anders»

Für Gemeindepräsident Rudolf Kernen ist die Partnerlösung Volg/Post in Oberbalm heute selbstverständlich: «Die Post im Dorfladen ist kein Thema mehr in der Gemeinde, das ist längstens Alltag. Viele kennen es nach 15 Jahren gar nicht anders. Das ist das beste Zeichen».

Die «angestrebte Win-Win-Situation» sei mit der Umstellung denn auch wie gewünscht eingetroffen: Die Gemeinde habe nach dem Wegzug der einstigen Bankfiliale im Dorf den Laden und Post unter einem Dach erhalten können –«zu sehr vorteilhaften Öffnungszeiten auch am Samstag bis um 17 Uhr und am Sonntag bis am Mittag». Dies werde geschätzt und lasse den kaum mehr kritisierten Nachteil vergessen, dass Rechnungen nicht mehr mit Bargeld, sondern mit der Karte bezahlt werden müssten.

Etablierte Zusammenarbeit

Gemäss Stefan Lehmann, Geschäftsführer Landi Region Schwarzwasser «hat sich die Zusammenarbeit in Oberbalm und in einigen hundert anderen Gemeinden auch für Volg landesweit bewährt und etabliert». Auch im benachbarten Lanzerhäusern gibt es seit gut 10 Jahren eine Post und ein Volg unter gleichem Dach. «Heute ist die Partnerschaft Alltag». Geschätzt werde die Umstellung auf eine bediente Posttheke, wie sie nach 15 Jahren gerade in Oberbalm eingeführt werde. «Das empfinden gerade ältere Kunden im Dorf als vorteilhaft», sagt Stefan Lehmann.

Voraussetzung für ein Gelingen ist gemäss Postnetz-Entwickler Marcel Bollhalder die Erkenntnis aller Beteiligter, dass ein Alleingang der Dienstleister in der Gemeinde auf lange Sicht niemandem diene. Dem pflichtet Rudolf Kernen als Gemeindepräsident der Pioniergemeinde Oberbalm gerne bei: «Die Partnerschaft Dorfladen/Post ist ein guter und gangbarer Weg. Als heutiger Gemeindepräsident und damaliger Landi-Präsident würde ich nach unseren 15 Jahren Erfahrung in Oberbalm wieder so entscheiden».

Das Filialnetz der Post

Die Schweizerische Post verfügt heute über ein Postnetz mit 4742 Kundenzugangspunkten. Das sind per Ende Dezember 2020 genau 904 eigenbetriebene Filialen und 1194 Filialen mit Partner wie in Oberbalm. Dazu kommen 1797 Hausservices und 847 Servicepunkte wie MyPost24-Pakeautomaten, Aufgabe- und Abholstellen sowie Geschäftskundenschalter.

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