Ein Kraftakt: Neue PostAuto-Fahrpläne in Rekordzeit

Die Arbeit für einen neuen Fahrplan dauert normalerweise so lange wie eine Schwangerschaft. Wegen Corona stampfen die 60 Planer und Planerinnen von PostAuto aber innert weniger Wochen mehrere neue Versionen aus dem Boden. Chefplaner Marc-Andri Leuthold gibt Einblicke in die hoch spezialisierte Domäne der Fahrplanmacher.

«Ich hoffe und glaube, dass wir diese durch Corona noch stärkere Vernetztheit in den geregelten ÖV-Alltag hinüberretten können», sagt Marc-Andri Leuthold, Leiter Planung PostAuto. (Bild: Kelly Müller)

 

Die 2400 Postautos fahren zusammen achtmal um die Welt – täglich. Das Netz besteht aus 916 Linien. 3700 Fahrerinnen und Fahrer sitzen im Cockpit. Alleine diese nackten Zahlen lassen erahnen, dass es viel Routine braucht, um einen neuen Fahrplan zu erstellen und den Einsatz des Fahrpersonals und der Fahrzeuge zu disponieren.

Die Corona-Pandemie stellt die routinierten Schweizer ÖV-Planer vor neue Herausforderungen. Es galt und gilt, den Fahrplan stufenweise innert weniger Tage anzupassen: Ab 19. März wurde er hinunter-, für den 11. Mai wird er wieder hochgefahren – mit Zwischenschritten. Die einzelnen Glieder der Reisekette sind schweizweit minutiös aufeinander abgestimmt: Der Fahrgast soll mühelos und ohne grosse Wartezeit vom Zug auf den Bus umsteigen können und umgekehrt. Der Schweizer ÖV baut bereits seit den frühen 80-er-Jahren auf IT-gestützte Planungstools. Die Fahrplandaten aller Transportunternehmen werden auf einer gemeinsamen Plattform gesammelt.

Premiere als Systemführerin Strasse

Als sogenannte Systemführerin Strasse hat PostAuto in dieser Krisenlage im Auftrag des Bundes eine wichtige Rolle als Koordinatorin inne. PostAuto ist Ansprechpartnerin für alle Busse, Trams, Schiffe und Seilbahnen und steht seit Ende Februar in stetem Austausch mit 150 Transportunternehmen, die zusammen 1500 ÖV-Linien betreiben. Mittendrin ist der dreisprachige Marc-Andri Leuthold (47). Er ist Leiter Planung bei PostAuto, in der Corona-Krise branchenweit Ratgeber und Vermittler beim Erstellen des Fahrplans und sagt: «Die Rolle der Systemführerschaft kannten wir zwar, doch wir füllen sie erstmals mit Leben aus.»

Im Normalfall Zeit von März bis Dezember

Via SBB, RhB und dem Logistikunternehmen railCare ist Marc Andri Leuthold vor vier Jahren zu PostAuto gekommen und kennt nun auch den ÖV auf der Strasse aus dem Effeff. Ein eigenes Studium für Fahrplanmacher gibt es nicht. Von Haus aus Geograf hat Leuthold das Handwerk «by doing» von der Pike auf gelernt. Netzplan, Kadenz und Zeitraum sind das Mass aller Dinge: Ist der Netzplan (sämtliche Linien einer Region) erst mal bestimmt, gilt es, die Kadenz (wie oft fährt das Postauto auf der Linie) und den Zeitraum (zum Beispiel von 6 bis 23 Uhr) festzulegen. «Die grössere Herausforderung ist es, dieses Angebot dann auch zu produzieren», sagt Marc-Andri Leuthold. Damit meint er die Aufgabe der Betriebsplaner. Wie sieht der Tag eines Fahrzeugs aus, wie derjenige eines Fahrers? Wann und wo sind die Pausen? Welche Fahrzeuge braucht es für das erwartete Fahrgastaufkommen? Das sind Fragen, welche die Betriebsplaner umtreiben. Die Planung und der Betrieb bilden hier ein Team. Dies ist für den Erfolg des öV wichtig.

Einen grossen Fahrplanwechsel gibt es normalerweise nur einmal jährlich, im Dezember. Ab März wird jeweils festgelegt, welches Postauto an welcher der 13 000 Haltestellen wann ankommen und abfahren wird. Darum kümmern sich bei PostAuto am Hauptsitz und in den fünf Gebieten insgesamt 60 Fachleute. Wegen Corona hatten sie für die Planung nur wenige Tage statt neun Monate Zeit. Diese Premiere gelang dank einem Rund-um-die-Uhr-Einsatz. Auch beim eiligst erstellten Corona-Fahrplan konnten sich die Fahrgäste auf die Angaben verlassen. Dies soll auch beim Hochfahren des Fahrplans am 11. Mai gelingen, obschon die «alten» Fahrplandaten nicht einfach per Knopfdruck reaktiviert werden können. Denn bei den Nachtbussen, den Freizeitlinien und wahrscheinlich auch im Schülerverkehr wird das Angebot weiterhin reduziert sein.

Coronaeffekt beim ÖV

Das Corona-bedingte mehrfache Umstellen des Fahrplans in Rekordzeit ist nur dank der langjährigen Erfahrung der Planerinnen und Planer, der guten Vernetzung unter den ÖV-Unternehmen und den immer intelligenteren digitalen Helfern möglich. «Diese Helfer können immer mehr. Das führt auch zu immer individuelleren und kurzfristigeren Lösungen», sagt Marc-Andri Leuthold. So kann ein Liniennetz eigens für die Sommerferien ausgedünnt oder bei einer Baustelle auch mal kurzfristig angepasst werden. Die Tools – bei PostAuto heisst das Hauptprogramm PlanBox – sind relativ schnell mit den neuen Daten gefüttert. Doch bei den Disponenten, die daraus die Pläne für Fahrzeuge und Fahrpersonal machen, lösen selbst kleine Änderungen oft eine Welle an Massnahmen aus, die letztlich die Arbeitsbedingungen der Fahrer prägen.

Was von Corona übrig bleibt, ist der noch engere Austausch zwischen den verschiedenen Playern im Schweizer ÖV: PostAuto und die SBB als Vertreter der 250 Transportunternehmen, den Kantonen und dem Bund. «Ich hoffe und glaube, dass wir diese durch Corona noch stärkere Vernetztheit in den geregelten ÖV-Alltag hinüberretten können», sagt PostAuto-Chefplaner Leuthold.

Kontakt: Medienstelle PostAuto, 058 338 57 00, infomedia@postauto.ch

Corona-Infoseite von PostAuto: www.postauto.ch/coronavirus

 

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