«Wir können unseren Auftrag erfüllen»
Herausfordernde Situation, aber im grünen Bereich: So ist die Lage derzeit bei der Post. «Wir müssen wachsam bleiben», sagt Stefan Luginbühl, von Entwarnung mag er noch nicht sprechen. Der Leiter Krisenstab von Logistik-Services über die fehlende Kristallkugel, Korpsgeist und die Zeit nach der Pandemie.
Stefan Luginbühl: Schlafen Sie noch gut?
Ich schlafe generell gut – und dafür bin ich sehr dankbar.
Das mag erstaunen. Als Krisenstableiter bei der grössten Einheit der Post mit rund 22 000 Mitarbeitenden könnten Sie wohl Tag und Nacht arbeiten. Keine Angst, dass die Post nicht mehr in der Lage ist, ihren Auftrag zu erfüllen?
Schauen Sie: Wir sind sehr gut organisiert, die Abläufe eingespielt, unsere Prozesse greifen. Wir fühlen den Puls sehr eng. Ich kann mich auf mein Team verlassen, mich auch mal ausklinken, durchatmen. Wir funktionieren seit bald zwei Jahren im Krisenmodus, regelmässige Erholung ist deshalb umso wichtiger. Sonst schafft man das nicht.
Für die nächste und übernächste Woche rechnet das Bundesamt für Gesundheit mit dem Höhepunkt an Corona-Ansteckungen der Variante Omikron. Schafft das die Post?
Wie in anderen Unternehmen fallen auch bei der Post Mitarbeitende aus, weil sie mit dem Virus infiziert oder in Quarantäne sind. Unsere Ansteckungszahlen entwickeln sich in etwa parallel zu denen in der Schweiz. Da wir im ganzen Land präsent sind, sind die Personalengpässe unterschiedlich – so war die Lage in der Westschweiz oder im Mittelland in den letzten Wochen angespannter als im Osten des Landes. Ganz wichtig aber: Wir können unseren Auftrag erfüllen und die Dienstleistungen der Post sicherstellen. Die Situation ist immer noch herausfordernd, aber wir sind derzeit im grünen Bereich. Das gilt nicht nur für die Logistik, sondern für die ganze Post.
Die Frage ist ja, wie lange noch …
Die weitere Entwicklung ist schwer vorhersehbar. Ist der Peak schon erreicht? Steht er noch bevor? Auch wir haben keine Kristallkugel. Aber beim Blick auf die Zahlen zeigt die Kurve bei den abwesenden Mitarbeitenden derzeit nach unten, was auch mit der verkürzten Quarantänezeit zusammenhängt. Das ist eine Momentaufnahme, sorgt aber für eine gewisse Entspannung. Jedenfalls gelingt es uns nach wie vor, Engpässe aus eigenen Stücken auszugleichen …
Was heisst das konkret?
Fällt zum Beispiel bei einer Zustelltour jemand aus, wird diese auf zwei Leute im Team aufgeteilt. Bei den Kolleginnen und Kollegen in den Filialen helfen Personen aus anderen Standorten aus. Bei PostAuto setzen sich auch mal Kadermitarbeitende mit Fahrausbildung ans Steuer und in den Paketzentren arbeiten wir eng mit Temporärfirmen zusammen. All dies erfolgt sehr dezentral, die Massnahmen sind nach der Situation vor Ort ausgerichtet. Meistern können wir sie, weil unsere Mitarbeitenden sehr flexibel sind und grossen Einsatz zeigen. Dieser Korpsgeist beeindruckt mich immer wieder. Man unterstützt einander, wo immer es geht – und das bereits seit Monaten!
Aber was, wenn Flexibilität und gegenseitige Unterstützung nicht mehr ausreichen?
Wir überwachen die Entwicklung der Situation weiterhin permanent. Falls sich die Lage zuspitzt und immer mehr Mitarbeitende ausfallen, haben wir natürlich auch orangefarbene Szenarien oder den Worst Case stets im Blick. Was, wenn wir Briefe und Pakete nicht mehr rechtzeitig zustellen können? Was, wenn der Betrieb eines Paket- oder Briefzentrums gefährdet wäre? Darauf sind wir vorbereitet, die Notfallpläne liegen in der Theorie bereit. Auch wenn die Situation derzeit nicht mehr so dramatisch scheint: Corona hat uns seit Beginn gelehrt, dass man vor Überraschungen nie gefeit ist. Es kann sehr schnell sehr anders kommen als erwartet.
Apropos Beginn: Was machen Sie als Erstes, wenn die Pandemie zu Ende ist?
Nun – soweit habe ich noch gar nie gedacht. Ich fokussiere mich auf die aktuelle Situation, wir dürfen uns nicht zurücklehnen. Aber wieder einmal richtig ausschlafen – dagegen hätte ich nichts einzuwenden (lacht).
Info: Stefan Luginbühl, 57, arbeitet seit 37 Jahren bei der Schweizerischen Post in verschiedenen Funktionen. Er ist Leiter Annahme, Transport und Sortierung bei Logistik-Services – und zudem Leiter Krisenstab dieses Bereichs.
Ein Grossteil nicht im Büro tätig
Die Mitarbeitenden der Post, die einen Bürojob haben, sind derzeit im Homeoffice. Doch bei der Post arbeiten rund 54 000 Mitarbeitende in über 100 verschiedenen Berufen. Davon ist ein Grossteil nicht in Büroberufen tätig. Sie arbeiten in Postfilialen, in der Sortierung in Brief- oder Paketzentren oder in der Zustellung – und das in allen Regionen des Landes. Für sie gelten umfassende Schutzkonzepte.
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