Wie die Post das Milizsystem stärkt – 250 Mitarbeitende bekleiden ein öffentliches Amt
Er macht es schon seit Jahren – sie erst seit Kurzem. Bernhard Büchler und Svenja Pichler arbeiten bei der Post - und gehen einer politischen Tätigkeit nach. Ein Spagat, der nicht immer einfach ist. Die Post bietet Hand, etwa mit bis zu 15 bezahlten Tagen pro Jahr.
Das Milizsystem prägt den Schweizer Politbetrieb stark. Gerade auf Gemeinde– und Kantonsebene sind viele politische Ämter eine nebenberufliche Tätigkeit. Den eigenen Job und ein Milizamt zu vereinen, ist zuweilen herausfordernd.
Bernhard Büchler ist seit 12 Jahren Gemeindepräsident im Nebenamt – und hauptberuflich bei der Post angestellt. Am Anfang habe er den zeitlichen Aufwand noch notiert. «Nach einer Weile habe ich gemerkt, dass es nebeneinander vorbei geht», sagt Büchler. Er arbeitet zu 80 Prozent bei der Post als Leiter einer Region von PostNetz. Daneben ist er als Gemeindepräsident von Rothenburg LU tätig.
Ein Aufwand, der denjenigen eines üblichen Jobs übersteigt. «Genau hinschauen darf ich nicht, denn es sind mehr als 100 Prozent», sagt Büchler. Gerade die ersten Jahre seien streng gewesen – das Einlesen in die Dossiers habe mehr Zeit verschlungen als gedacht. Doch der Zeitfaktor spiele keine Rolle, wenn das, was man macht, Freude bereitet.
Flexible Arbeitgeberin als Trumpf
Heute sagt er: «Ich habe das Glück, dass ich bei der Post seit Jahren auch in meiner Leitungsfunktion sehr flexibel arbeiten kann». So sei es ihm möglich, zwei halbe Tage in der Woche in der Gemeinde präsent zu sein – und gleichzeitig alle anderen Pflichten, seien es Repräsentationspflichten oder Kommissionsarbeit, mit seiner beruflichen Tätigkeit zu vereinbaren. «Ich bin auf diese Weise nahe bei der Gemeinde, kann gestalten», sagt Büchler. Zudem könne er – falls es einmal in der Gemeinde oder im Job hektisch werde, flexibel reagieren. «Wenn ich ständig im Büro präsent sein müsste, ginge das nicht nebeneinander vorbei», sagt Büchler.

Ist seit 12 Jahren Gemeindepräsident: Bernhard Büchler.
Die Post unterstützt ihre Mitarbeitenden dabei, Milizarbeit zu leisten. Maximal 15 Tage bezahlte freie Tage bietet die Post denjenigen, die ein öffentliches Amt bekleiden. Im letzten Jahr wurden insgesamt 870 Tage bezogen. Rund 250 Mitarbeitende der Post bekleiden ein öffentliches Amt. Ein öffentliches Amt ist nicht zwingend ein politisches Amt. Beispielsweise auch Feuerwehr oder eine Beschäftigung als Pilzkontrolleurin gehören dazu.
Zudem hat die Post gemeinsam mit anderen Organisationen und Firmen anfangs März eine öffentliche Erklärung der Schweizerischen Gesellschaft für Arbeitssicherheit (SGAS) mit dem Titel «Wir stehen zum Schweizer Milizprinzip» unterzeichnet. Das Ziel: Die Stärkung der Milizarbeit in der Schweiz.
Um das Milizsystem weiter zu verstärken, lanciert die Post derzeit ein internes Programm, das Post-Mitarbeitende mit politischem Amt untereinander vernetzen soll. Innerhalb der Post sind Personen in verschiedensten Parteien aktiv tätig sind.
Intensiver Wahlkampf
An einem anderen Punkt als Bernhard Büchler ist Svenja Pichler. Sie hat ihre politische Karriere erst gestartet. «Ich wollte mich schon länger für das Gemeinwohl einsetzen. Andere gehen in einen Verein, ich habe mich für die Politik entschieden», sagt die bald 30-Jährige. 2020 wurde sie in die Gemeindekommission von Sissach BL gewählt.

Seit 2020 engagiert sich Svenja Pichler politisch.
40 Stunden pro Jahr geht für die politische Arbeit drauf, sagt Pichler. «Dies erledige ich mehrheitlich in meiner Freizeit». Doch nicht immer ist das möglich. Deshalb ist Pichler, die zu 50 Prozent als Berufsbildnerin bei der Post und daneben zu 50 Prozent bei einer Berufsfachschule angestellt ist, froh über die Flexibilität, die ihr Job bietet. «So ist es mir möglich, dass ich mir Zeit für die Politik nehmen, und meine Arbeit zu einem anderen Zeitpunkt erledigen kann.»
In den letzten Wochen habe sie dies speziell geschätzt: Pichler trat als Kandidatin für den Baselbieter Landrat an. «Sechs Wochen habe ich praktisch nur dafür gelebt, leider hat es am Ende nicht zur Wahl gereicht». Politisch einsetzen will sie sich trotzdem weiterhin. Denn: «Es braucht mehr politischen Nachwuchs. Zudem ist es das Politisieren eine Gratisweiterbildung. Ich kann mich in Themen einlesen, in die ich sonst keinen Einblick hätte», sagt Pichler.
Büchler ist ebenfalls überzeugt, dass sein politisches Engagement nicht nur ihm zu Nutze kommt. «Das Verständnis, wie Politik funktioniert, hat mir in meiner beruflichen Tätigkeit geholfen». Er habe dadurch mit einer erhöhten Sensibilität Gespräche mit politischen Vertretern führen können, wenn es etwa um die Zukunft von Postfilialen ging. «Es ist eine Win-Win-Win-Situation für mich, die Gemeinde und die Post».
Die Post setzt sich für Vereinbarkeit der Lebensbereiche ein
Die Post unterstützt ihre Mitarbeitenden nicht nur bei der Vereinbarkeit von öffentlichen Ämtern und Beruf. Sie setzt sich etwa auch für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder Freizeit ein. Die Post schafft Rahmenbedingungen für zeit- und ortsunabhängiges Arbeiten und ermöglicht die Arbeit an unterschiedlichen Bürostandorten der Post oder im Homeoffice. Immer mehr Stellen werden mit einer Teilzeit-, Jobsharing- oder Topsharing-Möglichkeit angeboten. So gibt es bei der Post zum Beispiel rund 70 Top-Sharing-Paare, die sich eine Führungsfunktion teilen. Mehr dazu hier.
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