Wenn die Pöstlerin mit dem Raupenfahrzeug kommt

Bettmeralp, 1950m.ü.M. Ein Walliser Bergdorf, das im Winter nur Schnee und Skipisten, aber keine Strassen kennt. Für Pöstlerin Beata Schütrumpf kein Problem: Im Winter tauscht sie ihr gelbes Elektro-Mobil gegen ein kräftiges Schnee-Quad. Briefe und Pakete per Raupenfahrzeug – das gibt’s nur einmal in der Schweiz.

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Bettmeralp/Wallis, 1950m.ü.M. Ein wolkenloser Tag Mitte Januar. Die Uhr zeigt 6:30 Uhr, das Thermometer minus 9 Grad. Beata Schütrumpf sagt von sich: «Ich bin ein Sommerkind.» Dennoch trotzt sie gelassen und gut eingepackt den Minustemperaturen, schliesslich ist sie als Pöstlerin auf der Bettmeralp einiges gewohnt. Und entsprechend abgehärtet.

Flink sortiert sie die Briefe, Zeitungen und Pakete, die bereits per Luftseilbahn in den frühen Morgenstunden den Weg auf die Alp geschafft haben. Beata steht dazu ein kleines Postbüro zur Verfügung, im Untergeschoss der Luftseilbahn. Auch in diesem Betonraum ist es eher kühl. «Thermowäsche, heisser Tee und eine kleine Elektroheizung sind meine ständigen Begleiter im Winter», erklärt die Pöstlerin, die seit bald fünf Jahren den Menschen auf der Bettmeralp ihre Post bringt. Konzentriert sortiert sie alle Briefe und Zeitungen nach Empfängern und packt sie in Kisten. Alles muss genau vorbereitet sein, bevor sie für die Zustellung losfahren kann.

Losfahren? In einem Bergdorf, das im Winter nur Schnee, aber keine Strassen kennt? Für Beata kein Problem, sie hat ein kräftiges Raupenfahrzeug. «Unser Schnee-Quad hat richtig Pfupf!», sagt Beata, nicht ganz ohne Stolz. Und er sorgt für Aufsehen: «Manchmal fragen mich die Feriengäste hier, ob sie mich fötelen dürfen». Das dürfen sie.

Nicht ganz so einfach ist es, das Quad zu bepacken. Die Ladeflächen, die extra für die Post angefertigt und auf dem Fahrzeug montiert wurden, sind knapp bemessen. Die Kisten mit den Briefen und Zeitungen passen gut auf die vordere Ladefläche. Herausfordernder ist es, all die Pakete hintern auf dem Quad zu packen. «Das ist ein bisschen wie Tetris spielen», schmunzelt Beata, «jede noch so kleine Lücke muss ausgenutzt werden.» Trotzdem reicht es bei weitem nicht, alle Pakete auf die Ladefläche zu stapeln. Darum fahren Beata und ihr Arbeitskollege Adi mehrere Zustelltouren täglich. «Im Winter und vor allem in der Weihnachtzeit können es schon mal 130 Pakete sein. Da fahren wir dann bis zu vier Touren am selben Tag».

Dann kommt jener Teil ihrer Arbeit, den Beata am meisten mag: Die Zustelltour. «Ich liebe es, draussen und in Bewegung zu sein», schwärmt die Pöstlerin. Sie gibt aber auch unumwunden zu, dass ihre Arbeit bei Schneesturm, Kälte und Huddelwetter ganz schön hart sein kann. «Das Schwierigste für mich ist dann, dass die Briefe und Pakete trocken bei den Kunden ankommen. Denn das ist mir sehr wichtig.»

Routiniert fährt die Pöstlerin auf dem Raupenfahrzeug in die hintersten Teile des Bergdorfs. Auch steile Seitensträsschen sind für Beata mit ihrem Quad kein Problem. Rund 15 Kilometer legt sie so täglich etwa zurück. Bis zu 25km/h schnell. Dennoch macht sie etliche Kilometer jeden Tag auch zu Fuss. Denn viele Wege zu den einzelnen Briefkästen sind zu eng für das Quad. Und auch vor Treppen macht er Halt.

Viele Chalets auf der Alp haben jedoch keinen eigenen Briefkasten vor der Türe. Die Bewohner und Feriengäste holen ihre Post dann an einer sogenannten Briefkastenanlage in ihrer Nähe ab. Nicht weniger als 13 solcher Briefkastenanlagen gibt es auf der Bettmeralp. Wenn es richtig viel schneit, reicht bei den Anlagen auch Ausschaufeln nicht. «Damit die nicht im Schnee versinken, kann ich sie mit einer Kurbel hochdrehen», erklärt Beata. Und sie lacht: «Im Frühjahr, wenn der Schnee rasch schmilzt, sehen die dann aus wie auf Stelzen. Und ich komme fast nicht mehr an die obersten Fächer ran.» Gut, dass sie sie dann wieder runterkurbeln kann.

Einen Unfall hat Beata Schütrumpf mit ihrem Raupenfahrzeug zum Glück noch nie gehabt. Nur ab und zu mal eine kleine Panne. «Kürzlich wollte ich Kindern ausweichen und bin seitlich etwas in den Neuschneehang abgerutscht». Das war dann doch zu viel für das Quad. In solchen Fällen hilft es, dass die Pöstlerin alle rund 360 Einheimischen der Bettmeralp persönlich kennt. So konnte sie einen lokalen Transporteur anrufen. «Der kam dann sofort mit seinem grossen Raupenfahrzeug und hat mein Quad mit einer Seilwinde wieder hochgezogen», erzählt Beata und ist ihm noch heute dankbar dafür.

Im Sommer kennt die Pöstlerin solch eisige Herausforderungen nicht. Dann ist die Welt da oben eine andere. Genau wie das Postfahrzeug. Im Sommer bringt Beata die Post in einem gelben Elektromobil. «Auch mein Sommermobil sorgt für Aufsehen bei den Feriengästen», verrät Beata. Allerdings sind die Tage dieses gelben Elektromobils vielleicht schon bald gezählt. Genau wie die Tage des Schnee-Quads. Der Grund: Die Post tüftelt aktuell an einem Elektrofahrzeug, das im Sommer auf Pneus und im Winter auf Raupen unterwegs ist. Zwei in eins sozusagen. Und mit Sicherheit wieder ein neues Fotosujet für Touristen.