«Selbstmanagement und Disziplin sind wichtig»

Kundendienst für die Post in den eigenen vier Wänden? Das ist für die Mitarbeitenden des Contact Center möglich. Die Arbeit von Zuhause aus ist zwar nicht frei von Stolpersteinen, doch die Bilanz nach einem halben Jahr mehr als positiv. Und vor allem: Die Zufriedenheitskurve der Mitarbeitenden zeigt nach oben.

Irgendwann hat Mara Kraus damit angefangen, den Wecker zu stellen. «Weil er mich zwingt, Pausen einzulegen.» Kraus ist Mitarbeiterin des Contact Center der Post, Standort Kriens. Doch die allermeiste Zeit erledigt sie den Job in ihrer Wohnung. Auf dem Bürotisch zwei Bildschirme, das Headset am Ohr, viel Licht, Blick in die Natur. Und Stille, keine Ablenkung. Kraus beantwortet Mails, recherchiert, telefoniert mit Kunden und spricht sich bei komplizierten Fällen mit Kolleginnen und Kollegen ab. Manchmal ist sie derart in ihre Arbeit vertieft, dass sie dabei die Zeit vergisst. Deshalb der Wecker. «Selbstmanagement und Disziplin sind wichtig, wenn man so arbeitet», sagt sie.

Die Liste der Vorteile ist lang

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Kundendienst im Homeoffice? Nach einer einjährigen Pilotphase ist dies seit letzten Juni bei der Post möglich, wenn man einige Spielregeln einhält (siehe Infobox). Viele Agentinnen und Agenten des Contact Center nutzen diese Möglichkeit inzwischen und arbeiten mindestens zwei Tage die Woche von Zuhause aus. Kein Wunder: Ortsunabhängiges Arbeiten ist technisch längst möglich, ein anhaltender Trend und zudem ökologisch. Wer es ermöglicht, erhöht seine Attraktivität als Arbeitgeber. «Wir tragen einem Bedürfnis Rechnung», sagt Jean-Jacques Toffel, Leiter Contact Center. Die Vorteile sind rasch aufgezählt: Weniger Störungen, weniger Lärm, der Arbeitsweg entfällt. Dazu kommt ein hohes Mass an Selbstbestimmung. Schlechtes Wetter, keine fixen Termine am Standort? In solchen Fällen kann man auch spontan entscheiden, von Zuhause aus zu arbeiten. «Und das ist uns wichtig», so Jean-Jacques Toffel.

Der wichtigste Punkt ist für Toffel aber jener, der auch bei Befragungen deutlich wird: «Unsere Mitarbeitenden sind zufriedener. Und das kommt letztlich dem Unternehmen zugute.» Zum Beispiel im Fall von Merdisa Ferhatbegovic. Telearbeit möchte sie nicht mehr missen. Der Arbeitstag, sagt sie, beginne so viel entspannter. «Kein Pendelstress, das Umfeld ist ruhiger. Ich habe mehr Energie für die Kundinnen und Kunden.» Und Mara Kraus ist überzeugt: «Ich arbeite schneller und konzentrierter.»

Mehr und besserer Output in den eigenen vier Wänden als im Grossraumbüro? Im Einzelfall möge dies zutreffen, bemerkt Toffel. Doch der umgekehrte Fall gebe es auch. Aber in der Summe hätten sich die Kennzahlen der Contact-Center-Mitarbeitenden im Homeoffice nicht verändert, sondern seien konstant geblieben. Sprich: Sie arbeiten laut Statistik im Durchschnitt weder besser noch schlechter. Und das ist für den Leiter des Contact Center eine gute Nachricht. Kritiker, die im Homeoffice vor allem Plausch und wegbrechende Leistungen sähen, würden hier eines Besseren belehrt, bemerkt Toffel. Mara Kraus sagt es so: «Die Arbeit muss einfach gut gemacht werden – wo, ist eigentlich egal.»

«Ich freue mich immer auf die Kollegen»

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Neue Arbeitsformen bringen aber auch neue Herausforderungen. Beim Homeoffice heissen sie Soziale Isolation, Führung auf Distanz oder etwa Vermischung von Arbeit und Privatleben. Gerade der fehlende Kontakt mit den Kolleginnen und Kollegen ist ein Dauerbrenner. Der Lösungsansatz beim Contact Center der Post: Wer im Homeoffice arbeitet, ist mindestens einen Tag pro Woche im Büro des Standorts anwesend. Auch Sitzungen, Coachings oder Schulungen erfolgen dort. Früher, sagt Merdisa Ferhatbegovic, sei sie einfach ins Büro gegangen und habe sich dabei nicht viel gedacht. «Heute freue ich mich immer, die Kolleginnen und Kollegen zu sehen.» Und Mara Kraus sagt: «Der Austausch ist intensiver, das Interesse füreinander grösser.» Auch die Anforderungen an die Führungskräfte ändern sich, wenn Mitarbeitende physisch überwiegend nicht mehr präsent sind. Kontrollfreaks etwa haben einen schweren Stand, wenn sie die Zügel nicht loslassen können. Entsprechend sensibilisiere man Vorgesetzte und Mitarbeitende für dieses Thema, so Jean-Jacques Toffel. Dasselbe gilt auch, was die Trennung von Beruf und Privatleben angeht oder etwa die Abgrenzung von der Arbeit – zum Beispiel am Wochenende, abends oder in der Nacht. Kommen doch Studien immer wieder zum Schluss, dass im Homeoffice mehr gearbeitet wird als im Büro. Und dies sei keinesfalls das Ziel, so Toffel. «Es geht schlicht darum, die Post als attraktive Arbeitgeberin zu positionieren.»

Das sind die Spielregeln

Wer für das Contact Center im Homeoffice arbeitet,

  • hat als Agentin bzw. Agent Zuhause dieselbe Hard- und Software zur Verfügung wie am Standort – dafür sorgt die Post
  • ist selber für den Internetzugang per Kabel und den Stromanschluss verantwortlich
  • organisiert sich so, dass er/sie ungestört arbeiten und während den Öffnungszeiten eingeplant werden kann
  • verpflichtet sich, dass ihm/ihr niemand bei der Arbeit zuhören und Daten auf dem Bildschirm einsehen kann
  • weiss um seine/ihre Rechte und Pflichten und unterschreibt eine entsprechende Vereinbarung.

 

Info: Wie viele Standorte hat das Contact Center der Post? Was machen Agentinnen und Agenten? Und welchen Nutzen haben die Kundinnen und Kunden von deren Arbeit? Mehr Informationen finden Sie hier und hier.