Meine Daten? Lieber beim staatsnahen Anbieter

Die Meinungen sind deutlich: Für die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung ist entscheidend, wer die digitale Infrastruktur besitzt. 77 Prozent der Menschen vertrauen ihre digitalen Daten lieber einem staatsnahen Unternehmen an als einem in Privatbesitz. Und auch bei der Digitalisierung steht «bundesnah» hoch im Kurs. Dies ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der Post.

Was denkt die Bevölkerung in der Schweiz wirklich über die Post? Wie emotional ist sie dem Unternehmen verbunden? Wie steht es um das Vertrauen? Was ist die Meinung der Menschen zu den jüngsten Firmenzukäufen? Wie schätzt die Bevölkerung die Bestrebungen der Post im Digitalisierungsbereich ein? Und welche Rolle traut sie ihr hierbei zu? Dazu liegen nach einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der Post erstmals die Fakten auf dem Tisch. Oliver Zügel, Chef von Gallup Schweiz und Herausgeber der Umfrage, ordnet im Interview die Ergebnisse ein. Manches hat ihn erstaunt.

Oliver Zügel, Verwaltungsratspräsident von Gallup Schweiz

Oliver Zügel, Verwaltungsratspräsident von Gallup Schweiz

Oliver Zügel – was ist die Post für die Menschen in der Schweiz?

Ein Fels in der Brandung – in einer Welt, die für viele Menschen schnell und komplex geworden ist.  

 Ein Fels?

Jedenfalls kommt unsere Umfrage zu diesem Schluss. Die Post ist ja auch mehr als ein gewöhnliches Unternehmen. Sie ist omnipräsent, eine Schweizer Institution, die sich ihre Stellung in 170 Jahren hart erarbeitet hat. Die Menschen in diesem Land sehen die Post als gegeben an. Die Grundversorgung auf hohem Niveau und in allen Winkeln der Schweiz ist damit zur Selbstverständlichkeit geworden.

Aber was gegeben scheint, nimmt man doch auch nicht mehr wahr …

Mit der Post verhält es sich wie mit dem menschlichen Körper: ein systemisches Wunderwerk, das wie selbstverständlich funktioniert. Aber wehe, wenn etwas fehlt, anders läuft als gewohnt oder sich verändert – dann schreien alle auf (schmunzelt). Selbstverständlichkeit kann so auch zur Bürde und Herausforderung werden. Doch wäre die Post nicht mehr da, würden sie laut Umfrage drei von vier Menschen in der Schweiz vermissen. Über ihren Stellenwert sagt dies viel aus. 

Ihr Institut hat untersucht, was die Bevölkerung über die Post denkt – mit Fokus auf die Themen Firmenzukäufe und Bestrebungen bei der Digitalisierung. Was hat Sie am meisten überrascht?

Herauszuheben und für mich in dieser Deutlichkeit sehr erstaunlich: dieses Ur-Vertrauen, das die Menschen in die Post haben – und zwar über alle Themen und Bevölkerungsgruppen hinweg. Natürlich findet man nicht alles gut, was die Post macht. Man kritisiert sie und hat zu vielem eine klare Meinung. Doch dann gibt es in den Köpfen auch diesen Nebel des Ungewissen. Nehmen wir die Firmenzukäufe. Während ein Drittel die Akquisitionen der Post zum Ausbau des Leistungsangebots befürworten, hat ein Grossteil keine klare Meinung dazu oder ist mit der Frage überfordert. Das Thema ist ja komplex, selbst für Experten. Spannend aber ist: Die Menschen vertrauen in grossem Mass darauf, dass die Post schon weiss, was sie da tut und traut ihr zu, dass sie richtig handelt – auch zu ihrem persönlichen Vorteil und Nutzen. Diese Erkenntnis hat für das Unternehmen einen grossen Wert. 

Inwiefern?

Da möchte ich kurz ausholen: Für 70 Prozent der Schweizer Bevölkerung ist das digitale Leistungsportfolio ein entscheidender Wettbewerbsfaktor für das Land – und damit also auch wesentlich für eine nachhaltig hohe Lebensqualität in der Schweiz. In diesem Zusammenhang erstaunlich und positiv zu bewerten ist, dass dies auch von der jüngsten Generation Z mehrheitlich so gesehen wird. Knapp die Hälfte aller Befragten erkennt an, dass Firmenzukäufe nötig sind, um sich wichtige Kompetenzen und Know-how rasch anzueignen. Gleichzeitig ist es für die überwiegende Mehrheit entscheidend, wer die digitale Infrastruktur besitzt … 

Wer soll es denn sein?

Hier kommt’s: 77 Prozent der Menschen vertrauen ihre digitalen Daten lieber einem staatsnahen Schweizer Unternehmen an als einem privaten. Insgesamt sind das für die Post als gewinnorientiertes Unternehmen und bundesnahe Institution relevante Erkenntnisse mit viel Substanz. Im Einklang mit dem grundsätzlichen Vertrauen, das man der Post in der breiten Bevölkerung entgegenbringt, besteht da ein guter Boden, auf dem die Post nachhaltig wachsen und eine zukünftige Grundversorgung innovativ und erfolgreich gestalten kann – auch digital. 

Dann ist sie mit ihrer neuen Strategie auf dem richtigen Weg?

Das kann ich nicht beurteilen. Aber die Menschen trauen der Post grundsätzlich zu, dass sie gerade bei der Datenspeicherung und der Digitalisierung insgesamt eine substanzielle Rolle in der Schweiz spielen kann. Das ist schon ganz wesentlich. Und vor diesem Hintergrund gibt es ein breites Verständnis dafür, dass die Post dazu in gewissen Bereichen wachsen muss.  

Verständnis? Die Schlagzeilen zu den Firmenzukäufen sind in den Medien doch mehrheitlich kritisch.

Aus der medialen Ecke gibt es wenig Applaus, das stimmt. Aber wir erkennen auch, dass sich die Bevölkerung von der Kritik in den Medien in ihrem Vertrauen in die Post und auch im Zutrauen in diese Bestrebungen nicht grundsätzlich erschüttern lässt. Unsere repräsentative Befragung haben wir während des letzten Dezembers und diesen Januar durchgeführt, das mediale Getöse war da gerade besonders gross. Dennoch ordnet das Gros der Menschen in der Schweiz das Thema Firmenzukäufe realistisch und besonnen ein. Und da sind wir wieder beim Vertrauen. Erlauben Sie mir dazu noch eine Bemerkung.   

Bitte.

Vertrauen ist keine Einbahnstrasse. Würde sich die Post jetzt zurücklehnen und auf ihren Lorbeeren ausruhen, wäre dies ein falscher Schluss. Die Beziehung zwischen der Post und den Menschen in diesem Land ist weniger rational, sondern emotional geprägt. Daraus formulieren sich unterschiedlichste Erwartungshaltungen. Der Umgang damit ist ein ständiger Balanceakt von Offenheit, Dialogbereitschaft, Kritikfähigkeit, Transparenz, konsequenter Umsetzung und zielgerichteter Kommunikation. Das fordert besonnenen Mut zur Klarheit, um die Menschen an die Hand zu nehmen, ihnen auf Augenhöhe und mit Empathie nachvollziehbar zu machen, weshalb die Post so handelt, wie sie handelt und welcher persönliche Nutzen darin liegt – auch in Abwägung vermeintlicher Nachteile. Vereinfacht gesagt: Die Menschen wollen verstehen oder zumindest nachvollziehen können, was «ihre» Post macht und weshalb.   

Die Post hängt am Subventionstropf, erbringt die Grundversorgung mit Steuergeldern und hat ein Monopol über alles hinweg. Das ist zwar alles falsch. Aber diese Mythen halten sich laut Ihrer Studie hartnäckig. Wird die Post sie jemals los?

Sie sind jedenfalls schwer aus der Welt zu schaffen. Das braucht beharrliche Kommunikation und Geduld. Auch deswegen, weil Mythen in erster Linie von Kritikerinnen und Kritikern am Leben gehalten werden. Diese Mythen stellen aber für die Post kein echtes Risiko dar. Auch wenn jeder zweite die Post als Monopolbetrieb charakterisiert und damit in die Falle tappt, hat dies keine negative Auswirkung auf das entgegengebrachte Vertrauen und der Zustimmung zur Post. Ein Anzeichen dafür, dass sich das absehbar ändert, ist laut Umfrage nicht zu erkennen. Andererseits weiss zum Beispiel weniger als ein Drittel der Befragten, dass die Post jährlich 50 Millionen Franken Dividenden an den Bund zahlt und seit 2017 bereits fünfmal «Beste Post der Welt» war. Weshalb ist das so? Hier lohnt es sich genau hinzuschauen und die Schlüsse zu ziehen. 

«Mit der Post verhält es sich wie mit dem menschlichen Körper: ein systemisches Wunderwerk, das wie selbstverständlich funktioniert.» Das sagt Oliver Zügel über die Post.

 

Zur Person: Oliver Zügel, 55, ist Verwaltungsratspräsident von Gallup Schweiz und Senior Advisor mit über 30 Jahren internationaler Erfahrung (DACH, EU, MENA, CEE) in Kommunikation, Customer Experience, Marketing, Marktforschung und strategischer Geschäftsentwicklung. In all den Jahren hat er regelmässig namhafte Firmen beraten – unter anderem die Deutsche Telekom Stiftung, BMW Group, Lufthansa/Star Alliance, Mondelez/Kraft Foods, Philip Morris und McDonald’s. 

 

1000 Personen befragt  

Für die Studie hat das Meinungs- und Marktforschungsinstitut Gallup Schweiz 1000 Einwohnerinnen und Einwohner der Deutsch- und Westschweiz in einem repräsentativen Sample befragt (905 CAWI-Interviews in der Altersgruppe 16 bis 69, 95 CATI-Interviews in der Altersgruppe 70+). Nebst allgemeinen Fragen zur Post und zur Einstellung ihr gegenüber wurde auch die Haltung der Befragten gegenüber Akquisitionen und Digitalisierungsbestrebungen der Post abgefragt. Die Studie wurde im Dezember 2021 und Januar 2022 durchgeführt. Details dazu gibt es hier.