Kennen Sie noch den Briefmarkenautomaten?
Die Post ist ständig im Umbruch und passt sich den Gewohnheiten der Menschen und neuen Technologien an – das tut sie seit 1849. Was waren aber die Bedürfnisse von gestern? Die Post wagt einen Blick zurück und zeigt mit der Geschichte der Briefmarkenautomaten ein Angebot, das über 100 Jahre existierte, aber heute kaum jemand vermisst. Im Gegenteil: Bis heute hat die Post mit ihrer Nachfolge-Lösung WebStamp über 352 Millionen Marken verkauft.
Das komplette Bewerbungsdossier für die Traumwohnung, das ich unbedingt heute noch abschicken muss, wenn ich eine Chance auf das neue Heim haben will. Wer kennt diese Situation nicht, wenn es plötzlich schnell gehen muss? Heutzutage können wir solche Angelegenheiten oft ganz einfach online erledigen. Wer auf den physischen Weg setzt, darf aber die korrekte Frankierung des Briefes nicht vergessen. Und wer zu Hause keine Briefmarken auf Reserve hat, kann auf eine SMS-Briefmarke ausweichen oder sich eine WebStamp ausdrucken. Aber noch bis ins Jahr 2006 gab es keine dieser beiden digitalen Frankiermöglichkeiten. Wer keine Briefmarke zu Hause hatte, musste wohl oder übel bei Tagesanbruch zur nächsten Postfiliale eilen oder zu einem der gelben Briefmarkenautomaten, im Post-Fachjargon auch «Wertzeichenautomat» genannt.
Ein Relikt aus alten Zeiten – aber mit viel Ausdauer!
Ein Blick auf Bilder der früheren Briefmarkenautomaten deutet auf ein Relikt aus alten Zeiten, oder zumindest auf eine Zeit, als das Analoge noch die Regel war. Laut PTT-Archiv machte die PTT bereits 1901 erste Versuche mit Wertzeichenautomaten im Raum Bern, mietete ab 1911 erste solche Apparate aus Deutschland und erwarb mehrere Geräte im Jahr 1912, um «stark benützte Markenschalter vom Verkauf einzelner Marken zu entlasten». Die Maschinen haben sich lange Zeit behauptet und waren noch weit bis in die Zeit der Smartphones Teil des «Post-Inventars».
Im Jahr 2008 betrieb die Post in der ganzen Schweiz noch knapp 1000 mechanische Automaten mit Münzeinwurf. Obwohl nie Teil des postalischen Grundversorgungsauftrages, waren sie über mehrere Jahrzehnte ein wichtiges Erkennungsmerkmal der Post. Die meisten Automaten standen bei Postfilialen, direkt neben den gelben Briefkästen oder auch an grossen Bahnhöfen, einige befanden sich sogar in Spitälern. Wurden sie aber auch benutzt? Ihre wirtschaftliche Bedeutung für die Post war gering. Und in den letzten Lebensjahren sank die Nutzung deutlich: Pro Jahr um durchschnittlich 5 bis 7 Prozent! Auf die Bevölkerung der ganzen Schweiz gerechnet bezog im Jahr 2008 jede Bewohnerin oder jeder Bewohner nur noch Briefmarken im Wert von einem Franken an einem der Automaten.
- Der erste offizielle Briefmarkenautomat der PTT aus dem Jahr 1912 der deutschen Herstellerin SIELAFF, in Betrieb bis 1936. (Bild: Museum für Kommunikation, Bern)
- Die ganz erste postgelbe Serie aus dem Jahr 1939 der Firma SIG. Bild: Museum für Kommunikation, Bern
- Mit schildförmigem Schweizerwappen und Kordel: Das Gerät der Firma SIG aus dem Jahr 1928. Bild: Museum für Kommunikation, Bern
- Briefmarkenautomat der Firma FRAMA aus dem Jahr 1976. (Bild: Museum für Kommunikation, Bern)
- Die letzte Generation aus dem Jahr 1994. (Bild: Museum für Kommunikation, Bern)
Todesstoss: Teurer Unterhalt und Digitalisierung
Die Wertzeichenautomaten waren für die Post ein teurer Vertriebskanal. Eine Marke via Automat zu verkaufen kostete die Post dreimal so viel wie am Schalter. Der Unterhalt mit Münzfächer entleeren, Farbbänder wechseln oder Papier auffüllen war aufwändig. Als die Herstellerfirma ab 2006 auch keine Ersatzteile mehr lieferte, zeichnete sich für die Post definitiv ab, dass sie eine Alternative finden musste.
In einer damals durchgeführten repräsentativen Kundenbefragung fanden die Verantwortlichen bei der Post schliesslich Überraschendes heraus: Die typischen Benutzerinnen und Benutzer von Wertzeichenautomaten waren jung, internetaffin, wohnten im urbanen Raum und benutzten die Automaten auch während den normalen Geschäftsöffnungszeiten. Die ursprüngliche Annahme also, dass die gelben Maschinen vor allem von älteren Menschen sowie ausserhalb der Geschäftszeiten genutzt wurden, war damit weit gefehlt.
Das war auch eine Bestätigung für die 2006 eingeführte WebStamp, der Online-Lösung zum Druck von Briefmarken von zu Hause aus. Diese Lösung hatte das Zeug, um die Bedürfnisse jener jungen und urbanen Kundengruppe zu erfüllen: Das Ende der Wertzeichenautomaten war besiegelt. Bis Ende 2012 zog die Post auch die übriggebliebenen rund 700 Geräte – die letzte Generation stammte aus dem Jahr 1976 – aus dem Verkehr. Urs Köchli von der Post war damals mit einem Team mit dem schweizweiten Abbau beauftragt und bestätigt: «Wir hatten nur vereinzelte Rückmeldungen von Kunden, die diesen Entscheid schade fanden. Die meisten Leute hatten Verständnis dafür.»
352 Millionen WebStamps seit 2006
Heute schätzen viele Postkunden die Online-Lösung WebStamp. Sie ist ein Erfolg – und das nicht nur bei jungen Urbanen. Heute drucken pro Monat rund 35‘000 Kundinnen und Kunden ihre Briefmarken direkt mit dem persönlichen Drucker aus oder lassen sich diese ausgedruckt von der Post am Folgetag nach Hause liefern. Seit 2006 konnte die Post über 352 Millionen WebStamps über diese Anwendung verkaufen. Seit 2013 können Post-Kunden in Sekundenschnelle auch Briefmarken via SMS kaufen. Bis Oktober 2021 hat die Post mit diesem Service 6,5 Millionen SMS-Briefmarken verkauft.
Und es geht weiter: In nur knapp 10 Jahren vom Briefmarkenautomaten zur Krypto-Briefmarke
Die Digitalisierung macht nicht Halt. Selbst traditionsgeladene Hobbies haben den Weg in das digitale Universum gefunden, sogar bis in die Krypto-Welt. Die «Swiss Crypto Stamp» ist die erste Schweizer Krypto-Briefmarke und ist ab dem 25. November 2021 erhältlich. Sie besteht aus zwei Teilen. Zum einen ist sie eine physische Briefmarke im Wert von 8.90 Franken. Wie jede andere Briefmarke auch, kann sie also der Besitzer oder die Besitzerin zum Frankieren von Postsendungen verwenden. Zum anderen beinhaltet jede Krypto-Briefmarke ein ihr zugehöriges digitales Abbild. Diese Abbilder gibt es in 13 unterschiedlichen Sujets. Sie sind in einer Blockchain gespeichert und können online gesammelt, getauscht und gehandelt werden. Die Swiss Crypto Stamp ist daher in erster Linie ein Sammlerstück, denn der wahre Wert einer Krypto-Briefmarke ist der digitale Teil. Mit der Swiss Crypto Stamp hat die Post auch in der Philatelie eine Brücke zwischen physischer und digitaler Welt geschlagen. Mehr dazu auf www.post.ch/crypto-stamp.
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