Auf dem Dreirad lässt sich’s jagen

Ist der Alltag vorbei für die Autos und Busse der Post, beginnt für viele von ihnen das Leben neu. Lieferwagen, Kleinbus oder Postauto – die gelben Gebrauchtwagen erfreuen sich grosser Beliebtheit. Manche Käufer machen daraus eine 1-Raum-Wohnung, andere fahren damit zur Jagd.

Mit über 11’000 Zustellfahrzeugen und rund 2’300 Postautos verfügt die Post über die grösste Fahrzeugflotte der Schweiz. Im letzten Jahr verkaufte das Unternehmen 2’100 Occasionen, darunter auch elektrische «Pöstler-Dreiräder», im Fachjargon DXB genannt. Jedes 7. Fahrzeug ging in private Hände, das Gros verkaufte die Post an Garagen oder Exporteure. Verschiedene Beispiele zeigen, wie es den Autos und Bussen in ihrem «zweiten Leben» ergehen kann.

Auto statt WG-Zimmer
Die WG ist eine klassische Wohnlösung für junge Menschen in Ausbildung mit kleinem Budget. Es gibt aber auch kreative Alternativen, wie das Beispiel von Dorian Hyde zeigt. 310 Franken pro Monat gibt er für Wohnen und Mobilität aus – weil er in einem Auto haust. Er tauschte das WG-Zimmer gegen einen Fahrzeuginnenraum und wohnt seit Ende Dezember 2018 in einem ausgedienten gelben Pöstler-Fahrzeug. «Wer mich hier sitzen sieht, denkt kaum, dass ich gleich da drüben im Auto wohne», erzählt der 25-Jährige grinsend in einem Basler Café. Sein äusseres Erscheinungsbild gibt tatsächlich keinen Hinweis über seine besondere Lebensweise preis: Ein athletischer junger Mann in gepflegter sportlicher Kleidung, der ein Skateboard unter dem Arm trägt. Nur das Kurzarm-T-Shirt an einem sonnigen Februarnachmittag lässt sein unkompliziertes, genügsames Wesen erahnen. Aus Spargründen nahm er sich vor, seine aussergewöhnliche Idee Realität werden zu lassen. Bei der Internetsuche nach einem grösseren Auto zum Wohnen seien ihm mehrere gelbe Post-Fahrzeuge aufgefallen. «Die wollte wohl niemand wegen dem Steuerrad auf der rechten Seite» – eine Eigenheit von Pöstler-Fahrzeugen, damit die Brief- und Paketboten auf dem Weg zum Briefkasten nicht jeweils zuerst das Auto umrunden müssen. Ihn störe das mit dem Steuerrad gar nicht. Ebenso wenig stört ihn der minimalistische Lebensstil, den das Wohnen auf dem Fahrzeugboden eines Renault Kangoo mit sich bringt. Den Boden seines «Wohnmobils» hat Hyde liebevoll mit Holzparkett eingekleidet, darauf liegt eine Matratze. Sie dient im Moment noch als Bett und Wohnzimmer zugleich. Daneben stapeln sich seine wichtigsten Alltagsgegenstände: Ein kleines Möbel für Frühstückmüsli, Stabilo-Marker und T-Shirts. Die beiden Vordersitze tragen als Ersatz für Kleiderständer einen Pulli und eine Jacke – wie treue Beifahrer. Über der spartanischen 1-Raum-Wohnung hängt ein Schild: «Die Welt gehört dem, der sie geniesst». WC? Dorian Hyde nutzt eine WC-App, um das nächste stille Örtchen zu finden. Duschen? Kann er als Sportlehrer in der Schule. Strom fürs Handy? Er lädt es an der Uni auf. Und die Wäsche erledigt er unterwegs. Bald schliesst der Aargauer sein Masterstudium ab und strebt einen Job als Gymi-Lehrer an. Er freut sich auf die grössere finanzielle Freiheit – und auf eine eigene, richtige Wohnung. «Wahrscheinlich schätze ich dann alles noch mehr», schmunzelt Reiseliebhaber Dorian. «Nur schon, wenn ich vor dem Gang auf die Toilette es jeweils nicht noch 10 Minuten länger ‘verhäbe’ muss».

Gemütliche 1-Raum-Wohnung: Der Schlafsack hält Dorian Hyde auch in Winternächten warm. Für etwas Privatsphäre hat seine Mutter zum letzten Geburtstag die Scheiben eigenhändig getönt.

Gemütliche 1-Raum-Wohnung: Der Schlafsack hält Dorian Hyde auch in Winternächten warm. Für etwas Privatsphäre hat seine Mutter zum letzten Geburtstag die Scheiben eigenhändig getönt.

 

Das Steuerrad auf der rechten Seite war am Anfang ein spezielles Gefühl, doch «man gewöhnt sich erstaunlich schnell daran. Viel schneller als ans Linksfahren», sagt der Student. Die beiden Autositze dienen als Kleiderständer.

Das Steuerrad auf der rechten Seite war am Anfang ein spezielles Gefühl, doch «man gewöhnt sich erstaunlich schnell daran. Viel schneller als ans Linksfahren», sagt der Student. Die beiden Autositze dienen als Kleiderständer.

 

Der 25-Jährige Dorian Hyde hat mit dem Auto noch Grosses vor: zuerst komfortabel ausbauen, danach reisen – bis zum Balkan, danach sogar vielleicht nach Afrika. Er hat schon zahlreiche Anfragen aus dem Freundeskreis, sein besonderes «Wohnmobil» auszuleihen. «Sogar meine Eltern würden damit Ferien machen», erzählt der Sport- und Geografiestudent.

Der 25-Jährige Dorian Hyde hat mit dem Auto noch Grosses vor: zuerst komfortabel ausbauen, danach reisen – bis zum Balkan, danach sogar vielleicht nach Afrika. Er hat schon zahlreiche Anfragen aus dem Freundeskreis, sein besonderes «Wohnmobil» auszuleihen. «Sogar meine Eltern würden damit Ferien machen», erzählt der Sport- und Geografiestudent.

 

Mit dem Dreirad auf die Jagd
Weitere Beispiele von ehemaligen Post-Fahrzeugen, die ein zweites Leben erhielten, finden Sie hier:

Ein Jäger liess sich im vergangenen Jahr ein ehemaliges Zustellfahrzeug der Post für seinen Jägerbedarf umbauen, inklusive Tarnbemalung. Die elektrischen Dreiräder sind besonders leise und fahren dank ihrer drei Räder stabil auch bei Schnee und Regen.

Ein Jäger liess sich im vergangenen Jahr ein ehemaliges Zustellfahrzeug der Post für seinen Jägerbedarf umbauen, inklusive Tarnbemalung. Die elektrischen Dreiräder sind besonders leise und fahren dank den drei Rädern stabil auch bei Schnee und Regen.

 

Die ausrangierten Postautos landen nicht auf dem Schrottplatz, sondern werden meistens an Zwischenhändler, ausländische Transportunternehmen oder Organisationen für Entwicklungshilfe verkauft. So sichteten Schweizer Touristen alte Postautos auch schon in Afrika, Italien, Afghanistan, Rumänien oder Kosovo. Dank der jahrelangen sorgfältigen Wartung sind die alten Fahrzeuge der Post begehrt. Lesen Sie hier, wie es für Postautos im Ausland weitergeht. (Foto: Instagram/@lukasgoesnuts)

Die ausrangierten Postautos landen nicht auf dem Schrottplatz, sondern werden meistens an Zwischenhändler, ausländische Transportunternehmen oder Organisationen für Entwicklungshilfe verkauft. So sichteten Schweizer Touristen alte Postautos auch schon in Afrika, Italien, Afghanistan, Rumänien oder im Kosovo. Dank der jahrelangen Wartung sind die alten Fahrzeuge der Post begehrt. Lesen Sie hier, wie es für Postautos im Ausland weitergeht. (Foto: Instagram/ @lukasgoesnuts)

 

«Der Firmenname Yellowcamper lag auf der Hand – die sechs ersten Fahrzeuge waren in ihrem früheren Leben nämlich Post-Zustellfahrzeuge», erzählte CEO Fabrice Moser, Mitgründer von Yellowcamper, in einem Interview mit der Mitarbeiterzeitung «Die Post». Lesen Sie hier den ganzen Beitrag.

«Der Firmenname Yellowcamper lag auf der Hand – die sechs ersten Fahrzeuge waren in ihrem früheren Leben nämlich Post-Zustellfahrzeuge», erzählte CEO Fabrice Moser, Mitgründer von Yellowcamper, in einem Interview mit der Mitarbeiterzeitung «Die Post». Lesen Sie hier den ganzen Beitrag.

 

Ein altes Postauto steht jetzt als Bar in Grindelwald und beglückt Après-Ski-Gäste mit einem nachhaltigen Konzept. (Quelle: www.busstopbar.ch)

Ein altes Postauto steht jetzt als Bar in Grindelwald und beglückt Après-Ski-Gäste mit einem nachhaltigen Konzept. (Quelle: www.busstopbar.ch)